Freitag, 6. Januar 2012

Von Kamerun nach Nigeria

Nach der überstandenen Malaria ging es vorerst weiter auf der sogenannten "ring road". Von Bamenda führte die Fahrt über Bafut und Wum nach Weh. Weh ist der Geburtsort von Papa Teh Muh (siehe letztes Post), der mich eben dorthin eingeladen hat. Nachdem ich mich im Haus von Papa Teh und seiner Frau einquartiert hatte, wurde ich auch sogleich auf eine traditionelle Feier, die zufälligerweise von Papa Teh geleitet wurde, eingeladen. Ich verstand bei weitem nicht alle Teile der Zeremonie, aber es ging in etwa darum, dass die Familie der Erstfrau des Neffen von Papa Teh nach Weh kam, um ihr Einverständnis für die Vermählung, das die Familie vor 5 Jahren gegeben hat, zu bestätigen. Es wurde geschlachtet (Antilope und Schwein), gekocht, gegessen und vor allem viel Palmwein getrunken. Die verschiedenen Gänge des zweitägigen Menüs wurden abwechselnd von der Familie der Frau und der Familie des Mannes zubereitet und aufgetischt. Jene Fraktion, die nicht fürs Kochen zuständig war, bestätigte durch das Annehmen der Speisen die Verbindung des Ehepaares. Wie auch immer, ich stopfte mir den ganzen Abend den Bauch voll, was nach meiner Malariaerkrankung sicher nicht das Schlechteste war. Beim Palmweintrinken hielt ich mich zurück, wenn gleich ich beim Herumreichen des Gemeinschaftsbechers nicht immer verweigern konnte. Nachdem alle schon gut angeheitert waren, begannen die Frauen ums große Feuer zu tanzen. Leider habe ich von diesem wunderbaren afrikanischen Abend keine Fotos, da ich die Kamera im Auto vergessen hatte. Um Mitternacht gab ich w.o., da ich nach der Malaria noch nicht ganz bei vollen Kräften war. Interessanterweise hat sich der Bräutigam beim Verabschieden noch dafür bedankt, dass ich anwesend war. Der Weiße gehörte ja ganz offiziell zur Familie des Bräutigams, was anscheinend mächtig Eindruck auf die Familie der Braut gemacht haben dürfte. Am nächsten Morgen nahm ich die große "ring road" sehr früh in Angriff.

Straßenschild in Kamerun
Sonnenaufgang über den "grassfields"
Die Landschaft entlang der "ring road" wird als "grassfields" bezeichnet. Ich kann nur sagen, dass ich beim Durchfahren der "grassfields" richtig Heimweh in den Bregenzerwald bekam: hügelige Graslandschaften, die in wunderschöne Waldstücke übergehen - also wie zuhause. Die Reise führte von Weh über Nkambe und Kumbo nach Jakiri. Der Lonely Planet für Westafrika empfiehlt den Hauptteil der Strecke zwischen Weh und Nkambe in einem zweitägigen Fußmarsch zurückzulegen, da die Qualität der Straße zu wünschen übrig lässt. Ich fuhr die Strecke dennoch mit dem Auto ab, und kann nun diese Empfehlung vom Lonely Planet nachvollziehen.

Die Wasserfälle von Metschum (entlang der "ring road")

In Jakiri bog ich dann von der "ring road" ab, um die Straße nach Foumban zu nehmen. Nach 20 km auf der Straße Jakiri-Foumban war ich aber zum Umkehren gezwungen, da sich drei LKWs dafür entschieden die Straße vorübergehend als Parkplatz zu benutzen.

Auf der Fahrt von Jakiri nach Foumban
Folglich drehte ich kurzerhand um und fuhr zurück nach Jakiri, um die "ring road" über Ndop zurück nach Bamenda abzuschließen. Am darauffolgenden Tag ging es von Bamenda über Bafoussam, Bangangté, Tonga, Bafia und Obala in die Hauptstadt Yaoundé. In Yaoundé wollte ich zwei Angelegenheiten regeln: Visum für Nigeria und Verlängerung des Visums für Kamerun. Das Visum für Nigeria wurde ohne Probleme ausgestellt, die Verlängerung des Visums für Kamerun wurde leider abgelehnt. Ich muss aber zugeben, dass ich selbst Schuld daran bin, dass das Visum abgelehnt wurde. Die Polizistin von der Kameruner Einwanderungsbehörde, die meinen Antrag entgegennahm, bot mir an eine inoffizielle Gebühr von 50.000 CFA zu bezahlen. Im Gegenzug dafür würde sie mir ein Ausreisevisum mit dem von mir gewünschten Datum ausstellen. Nachdem ich es nicht schaffte der Dame zu erklären, dass ich kein Ausreisevisum bräuchte, da dieses nur von Personen mit einer Aufenthaltsgenehmigung für Kamerun beantragt werden muss, sondern eben eine Verlängerung für meines Touristenvisums, konzentrierte ich mich auf die Gebühr von 50.000 CFA und hielt vor versammelter Mannschaft der Einwanderungsbehörde einen Kurzvortrag zum Thema Korruption. Natürlich war mir klar, dass ich damit jegliche Türen schloss, gleichzeitig war es aber notwendig ein wenig Dampf abzulassen.

Mit dem Visum für Nigeria in der Tasche ging es dann wieder zurück Richtung Norden. Um nicht dieselbe Route zurückzufahren, bog ich in Obala ab, um über Batchenga nach Ntui zu gelangen. Zwischen Batchenga und Ntui verläuft der Fluß Djim und um diesen zu überqueren gibt es gleich zwei Möglichkeiten: eine Brücke und eine Fähre. Die Brücke existierte nur noch in Bruchstücken und für die Reparatur der Fähre fehlte das Geld. Laut Information der Dorfbevölkerung gab es die Möglichkeit zurück nach Obala zu fahren und über Sa'a nach Ntui zu gelangen. Diese Strecke konnte ich aber auf keiner mir zur Verfügung stehenden Straßenkarte finden. Außerdem hatte ich nach der Fährengeschichte entschieden, anstatt mich direkt in den Norden zu begeben, doch noch - wie ursprünglich geplant - die Königsstadt Foumban zu besuchen. Also fuhr ich zurück nach Batchenga und Obala, um über Bafia, Tonga, Bangangté und Foumbot nach Foumban zu gelangen. In Foumban besuchte ich den Königspalast und das dazugehörende Museum, das eine beeindruckende Ausstellung von Artefakten aus dem Königreich Bamum beherbergt - einige der Masken, Kronen etc. werden nach wie vor für diverse Zeremonien verwendet. 

Palast des Mfon von Foumban

Ich "schmuggelte" mich dann unter eine Gruppe Franzosen und Kameruner, um an einer offiziellen Führung teilzunehmen. Diese entpuppte sich dann als Glückstreffer, denn als uns der Museumsführer über die Geheimgesellschaft informierte, die die Politik des Königs von Foumban überwachte, stellte sich raus, dass einer der Kameruner in unserer Touristengruppe Mitglied eben dieser Geheimgesellschaft ist. Ja und dieser "Geheimbündler" war auch willens einige Interna mit uns zu teilen. Der zweite Glückstreffer war die Tatsache, dass der König an diesem Tag von seiner Wochenendresidenz zurückkam und zwar genau zu dem Zeitpunkt als ich das Museum verließ. Leider sind alle Fotos vom König fehlerhaft.

Die königliche Tanzgruppe feiert die Rückkehr des Königs
Da ich nicht mehr viel Zeit in Kamerun zur Verfügung hatte, versuchte ich so schnell wie möglich in den Norden zu fahren, wo sowohl der Tschadsee als auch der Waza-Nationalpark noch auf meinem Programm standen. Von Foumban ging es dann weiter über Mayo Darlé, Banyo, Tibati, Malarba, Mambal, Beka, Ngaoundéré und Ngong nach Garoua

Auch wenn die Zeit drängt, manche Fußgänger müssen trotzdem fotografisch festgehalten werden.

Leider kam ich nicht in Garoua an, da mein Auto einige Kilometer vor Ngong Kühlflüssigkeit zu verlieren begann. Der Zeitpunkt für dieses Problem hätte nicht ungünstiger sein können, denn es war der 24. Dezember und später Nachmittag. Also machte ich mich in Ngong auf die Suche nach einem muslimischen Mechaniker, der keine Ambitionen hatte die Christmette aufzusuchen. Papa Oumarou arbeitete bis spät abends, um das Leck in meinem Kühler zu reparieren. Am darauffolgenden Tag wurde das Auto nochmals getestet und für gut befunden. Folglich nahm ich die Reststrecke von Ngong nach Garoua in Angriff und fuhr dann gleich weiter nach Maroua. Ich hatte ja nur noch für drei Tage ein gültiges Visum für Kamerun. Leider verlor ich in Sergwel, einem kleinen Dorf 70 km nördlich von Garou, das gesamte Kühlwasser. Papa Oumarou, der mich noch bis Garou begleitet hatte, wurde sofort kontaktiert und nach Sergwel beordert. Die Fahrt von Papa Oumarou von Garou nach Sergwel (70 km) dauerte nicht weniger als 7 Stunden. Ich nutzte die 7 Stunden, um mich wieder mal beim hiesigen König vorzustellen, da ich ja keine Ahnung hatte, wie lange mein Aufenthalt in der Metropole Sergwel dauern würde, und, um Kontakte mit der lokalen Bevölkerung zu knüpfen.

Mechaniker und angehende Mechaniker in Sergwel
Zu Gast bei einer Familie in Sergwel
Drei Tage später - der Kühler wurde nochmals repariert und der ganze Motor auseinandergenommen - um 12:00 war mein Auto wieder fahrtauglich. Dies war auch mein letzter legaler Tag in Kamerun. Und, um weiteren Problemen aus dem Weg zu gehen, fuhr ich zurück nach Garoua und dann nach Demsa, um von dort nach Belel, Nigeria überzusetzen.

Grenzübergang: Kamerun - Nigeria
Aufgrund der Anschläge von Boko Haram in der Weihnachtsnacht in mehreren Städten in Nigeria, wollte ich eigentlich nicht zu weit im Norden (sprich in den Hausa-Gebieten) nach Nigeria einreisen; aufgrund meines Zeitmangels war es dann aber doch notwendig. Inzwischen bin ich aber seit über einer Woche in Nigeria und ich hatte nicht irgendeine kleine Diskussion/kleines Problem mit der Bevölkerung oder der Polizei/Militär. Der Passagierschein für Nigeria wurde ohne große Diskussionen ausgestellt und noch verblüffender ohne, dass ich auch nur einen Naira dafür bezahlen hätte müssen. Natürlich gibt es aufgrund der Anschläge bedeutend mehr Polizei- und Militärkontrollen auf der Straße, aber wie gesagt bis jetzt wurde ich fast immer mit den Worten "Welcome to Nigeria" an diesen "checkpoints" empfangen.

Von Belel fuhr ich weiter nach Jimeta, Yola, Numan, Jalingo, Mutum Bivu, Bali und schlussendlich Serti. Am 31. Dezember ging es dann von Serti auf in den Gashaka-Gumti Nationalpark. Da ich befürchtete, das Boko Haram für die Silvesternacht weitere Anschläge plante, entschloss ich mich mit meinem Zelt im Wald zu übernachten. Folglich verbrachte ich meinen Silvesterabend anstatt mit Sekt und Feuerwerk, bei einem Lagerfeuer gemeinsam mit Pavianen, Krokodilen, Wasserböcken, Ducker etc. unter dem afrikanischen Sternenhimmel. Und, anstatt einen Neujahrskater zu behandeln, unternahm ich früh morgens am Neujahrstag eine Flusswanderung. Dabei sah ich meine erste Afrikanische Zibetkatze, die mir nicht aus einer Gabuner Tiefkühltruhe entgegen grinste.

Mein Silvestercampingplatz; auf der gegenüberliegenden Sandbank sonnte sich bei meiner Ankunft noch ein recht stattliches Krokodil, das aber akzeptierte, dass dieser Platz für diesen Abend von mir reserviert wurde und sich deshalb flussabwärts treiben ließ.

Wasserbock (Kobus ellipsiprymnus)
Vom Gashaka-Gumti Nationalpark ging es dann zurück nach Serti und Bali und von dort über Takum, Katsina, Yandev, Gboko, Aliade, Makurdi, Lafia, Akwanga und Keffi nach Abuja. Für Abuja waren wieder zwei Unternehmungen geplant: Visum für Benin organisieren und mein Auto bei Toyota nochmals "checken" zu lassen. Das Visum für Benin war innerhalb von vier Stunden erledigt, während die Toyota Niederlassung in Abuja empfahl nach Lagos zu fahren, um dort die nach wie vor vorhandenen Problem bei meinem Auto zu beheben.
Inzwischen bin ich schon den vierten Tag in Abuja und es ist nett wieder Mal für ein paar Tage an ein und demselben Ort zu verweilen. Sobald ich meine Herberge im Maitama-Viertel (ich quartierte mich gleich neben der Botschaft von Benin ein) verlasse, werde ich schon von meinen neuen Nachbarn, die alle für die angrenzenden Botschaften (Benin, Indien, Kenia, Serbien, Kuwait und Eritrea) arbeiten, begrüßt und natürlich wird gleich losgetratscht. So hat mir der Müllmann der Beninischen Botschaft, der auch ursprünglich aus dem Benin ist, seine Lebensgeschichte erzählt: vom Söldnerleben im Biafrakrieg bis zu seiner Hochzeit mit einer Nigerianerin; oder es wird über die Politik diskutiert. Bzgl. Politik gibt es derzeit zwei prägende Themen: die Anschläge von Boko Haram (erst gestern wurden wieder 6 Personen in einer Kirche in Gombe erschossen), sowie die Verdoppelung der Benzinpreise. Ich bekam diese Verdoppelung erst am 2. Jänner mit, als ich aus dem Gashaka-Wald zurück in die Zivilisation kehrte und beim Volltanken meinen Augen nicht trauen wollte, als ich den zu zahlenden Betrag sah. Nachdem ich den Tankwart des Diebstahls bezichtigte und die Polizei rufen wollte, wurde ich von den inzwischen zahlreichen Schaulustigen darüber informiert, dass eben nicht der Tankwart versucht in seine eigene Tasche zu wirtschaften, sondern die Regierung den Benzinpreis verdoppelt hat bzw. um es richtig zu formulieren, die Regierung beschlossen hat die Subventionsgelder für Benzin und Diesel zu streichen. Inzwischen organisieren sich die Gewerkschaften in Nigeria und es schaut so aus, dass am Montag ein Generalstreik abgehalten wird, der erst bei Rücknahme der Entscheidung der Regierung abgebrochen werden soll. Hier in Abuja kommt es schon zu ersten Hamstereinkäufen und es wird davon ausgegangen, dass es ab Montag nicht nur zu einem Streik, sondern auch zu Unruhen kommen wird (in Lagos hat es vor 2 Tagen schon den ersten Toten im Zusammenhang mit der Benzinpreiserhöhung gegeben). Deshalb entschied ich, mich mal Richtung Grenze Nigeria-Benin zu begeben. Sollte am Montag/Dienstag nächste Woche eine Lösung gefunden werden, würde ich noch nach Lagos fahren; falls nicht, ist mein Nigeria-Aufenthalt leider schon zu Ende. Ich schreibe "leider", weil die Menschen hier unglaublich freundlich sind oder, um Paul Clammer (Lonely Planet, Westafrika) zu zitieren "There's no getting around the fact that Nigeria has a terrible reputation for safety. Corruption, fraud, civil unrest - it's all there in a big volatile mix. And yet, for the traveller, Nigeria really can seem like the friendliest and most welcoming country in West Africa."

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