Freitag, 16. Dezember 2011

... von Bergen, Königen und Malaria

Ich habe mich sehr über das starke Echo auf meinen ersten Blogeintrag gefreut. Ich möchte deshalb auch gleich ein paar immer wiederkehrende Fragen/Anregungen aufgreifen.

1. Warum schreibst du deinen Blog nicht in Englisch?
Einfach deshalb, weil mir das Schreiben in meiner Muttersprache nach wie vor leichter fällt, als in jenen Sprachen (Französisch und Englisch), die ich in den letzten Jahren weit häufiger benutzt habe, als eben meine Muttersprache.

2. Wie schaut eigentlich dein Auto aus?
Voilà

Mein Toyota Hilux


3. Wie schaut den deine Reiseroute aus?
Also meine Reiseroute ändert sich zumindest wöchentlich. Im Groben wird die Rückreise von Gabun nach Österreich aber über folgende Länder führen: Gabun, Kamerun, Nigeria, Benin, Togo, Ghana, Burkina Faso, Mali, Guinea (evtl. mit Abstecher nach Sierra Leone), Senegal, Mauretanien, Marokko (inkl. West-Sahara), Spanien, Frankreich, Schweiz, Österreich. Die Reiseroute wird aber je nach Bedarf (z. B. Unruhen) geändert.


Nach meiner Ankunft in Kribi und v. a. nachdem ich den Strand direkt vor meiner Unterkunft gesehen habe, stand der Entschluss fest für zumindest zwei volle Tage zu bleiben, um sich ein wenig vom Autofahren zu erholen. Anfang Dezember in Kribi zu sein, stellte sich als Glückstreffer heraus: Alle angrenzenden Hotels hatten entweder noch geschlossen oder warteten vergeblich auf Touristen. Naja und deshalb gehörte der ganze Strand mir ganz alleine. Der einzige ngeative Aspekt war, dass die gesamte Gilde an Touristensouvenirverkäufer inklusive jener, die mir irgendwelche Stadtführungen, Bootstouren oder was auch immer "andrehen" wollten, sich auf mich konzentrierten. Aber auch das habe ich in den Griff bekommen und es hat sich dann relativ schnell herumgesprochen, dass ich nur so ein abgedrehter Reisender bin, der eh kein Geld hat. Und so konnte ich meine ganze Zeit wichtigen Angelegenheiten widmen: Strand, Lesen, Faulenzen. An meinem Abreisetag habe ich dann noch einen Abstecher zu den Lobé-Wasserfällen gemacht und erhielt eine Einführung ins Garnelenfangen.

Garnelenfallen in den Lobé-Wasserfällen


Anschließend sind wir zu dritt in einem kleinen Kanu auf dem Lobé flussaufwärts bis zu den ersten Pygmäensiedlungen gepaddelt. Angekommen an den Ufern dieser Siedlungen hatten meine beiden Bantu-Begleiter nichts Besseres zu tun, als die Pygmäenkinder, die sich gerade zum Wasserholen am Ufer befanden, dermaßen entwürdigend zu beschimpfen, dass ich kurzerhand die Entscheidung fällte die Exkursion zu beenden und zurück nach Lobé zu paddeln. Wie immer bei meinen Entscheidungen war auch diese nicht ganz uneigennützig, da ich wusste, dass inzwischen an den Wasserfällen gebratene Garnelen auf mich warteten.

Bootsfahrt auf dem Lobé

Am selben Tag ging es dann noch mit meinem Auto Richtung Norden bis Edéa. Am darauffolgenden Morgen machte ich mich dann auf den Weg Richtung Yabassi und dann nach Loum. Auf der Strecke zwischen Yabassi und Loum war ich dann zum ersten Mal glücklich darüber ein Allradauto zu haben. Obwohl die Regenzeit In Kamerun seit nun einem Monat zu Ende ist, sind noch nicht alle Strecken wieder entsprechend "hergestellt". Von Loum ging es dann über Kumba nach Buea, jene Stadt, die unter den Deutschen noch Haupverwaltungssitz in Kamerun war und viel wichtiger, jene Stadt, die am Fuße des Mount Cameroon liegt.

Sonnenuntergang in Molyko (Buea); im Hintergrund der Aufstieg zum Mount Cameroun

Als ich dann in Buea bei meiner Unterkunft vorfuhr und aus dem Auto ausstieg, konnte ich meinen Augen nicht trauen - vor mir stand Emmanuel Bache, ein Mitstreiter aus inzwischen fernen Lambaréné-Tagen. Damit war natürlich auch klar, dass wir den Abend ganz kamerunesisch gestalteten: Bier + Live-Makossa

Bache und ich - unterwegs in Buea

Am nächsten Tag begann ich dann mit meiner Organisation für den Aufstieg zum Gipfel des Mount Cameroon. Gemeinsam mit Samuel und Augustine, die beide für das in Buea ansässige Ecotourismusbüro arbeiten, ging es am Montag den 05. Dezember 2011 los. Wir wählten die sogenannte Guiness-Route (relativ steil) für den Aufstieg, wobei eine Übernachtung auf Hut 2 (auf 2860 m) angedacht war. 

Über den Wolken - Aufstieg zum Mount Cameroon

Leider kam dann alles anders als geplant, da ich bei 2750 m den Aufstieg abbrechen musste. Es fehlten zwar nur noch 100 Höhenmeter zur geplanten Übernachtungsmöglichkeit, aber zusätzlich zu der Tatsache, dass meine Oberschenkelmuskulatur schon lange im anaeroben Bereich arbeitete, hatte ich sehr starke Kopfschmerzen bekommen. Ich wollte das Wort Höhenkrankheit zwar nicht in den Mund nehmen, Fakt war aber, dass ich mich dazu entschied den Aufstieg abzubrechen und wieder Richtung Buea zurückzugehen. Da die Zeit nicht mehr ausreichte bis nach Buea zurückzukehren, übernachteten wir im Wald auf ca. 1500m und beendeten den Abstieg erst am nächsten Morgen. Zum Abschluss meiner erfolglosen Bueaexpedition wurde ich dann von Samuels Familie zum gemeinsamen Abendessen eingeladen - als Kompensation zum nichterreichten Gipfel.

Abendessen bei Samuel und seiner Familie

Von Buea führte die Fahrt dann zurück nach Kumba und von dort über Nguti und Bachuo Akakbe nach Bamenda. Da die Strecke aber bedeutend anspruchsvoller war, als ursprünglich gedacht, schaffte ich es nicht vor Einbruch der Dunkelheit in Bamenda anzukommen.

Irgendwo zwischen Kumba und Nguti

Und deshalb habe ich mich mitten im Nirgendwo der hügeligen "grassfields" der Nord-West Provinz Kameruns nach dem "village chief" erkundigt, um nach Erlaubnis zu fragen, in seinem Dorf campieren zu dürfen. Laut Auskunft sollte dieser chief auf dem Gipfel des nächsten Hügles wohnen. 45 Minuten später, es war inzwischen dunkel und mein Auto voller Menschen, die mir unbedingt den Weg weisen und mich zum village chief begleiten mussten, kam ich am Gipfel an, parkte mein Auto, wie man es nicht anders erwarten würde, vor einem Palast. Meine Fahrgäste organisierten Stühle und arrangierten diese entsprechend vor dem Palast. Inzwischen waren natürlich auch schon viele neugierige Dorfbewohner eingetroffen und alle gemeinsam klatschten wir den village chief ein. Ich wurde vorher von meinen Mitfahrern entsprechend eingewiesen, dass ich dem village chief auf keinen Fall die Hand schütteln darf, ihn aber eben einklatschen soll. Der Chef bat mich dann vorzusprechen. Ich stellte mich also vor und versuchte das eher banale Anliegen eines Zeltplatzes der Kulisse entsprechend (ein Gutteil der Dorfbewohner war inzwischen anwesend) als doch nicht ganz unbedeutende Sache vorzutragen. Ich staunte nicht schlecht, als der Chef sich selbst als His Royal Highness Fon Benard Mondi II von Tiben vorstellte. Nach einstündigen "Verhandlungen" (man könnte es auch Geschichtenerzählen nennen) wurde entschieden, dass mein Ansuchen auf einen Zeltplatz abgelehnt wird und ich stattdessen im Palast zu übernachten hätte. Der Fon bot mir auch noch eine 10jährige Aufenthaltserlaubnis an; ich bat aber darum mir zumindest bis morgen Bedenkzeit zu geben - nicht wegen des Schlafplatzes, sondern nur wegen meiner Pläne für die nächsten 10 Jahre. Ein wenig erschöpft durfte ich mich dann im Palast schlafen legen. Am nächsten Morgen ging es dann gleich auf die dorfeigene Palweinplantage, um anschließend entsprechend belustigt durch Tiben zu wandern. Da für den Nachmittag so was ähnliches wie eine Gemeinderatssitzung (findet zweimal im Jahr statt) einberufen war, für die ich erstens eingeladen wurde und deren Ablauf mich zweitens brennend interessierte, hatte ich meine Weiterfahrt vorerst auf den nächsten Tag verschoben. Die Sitzung wurde in der Haupthalle des Palastes abgehalten und während ich ganz glücklich in der hintersten Reihe eine versteckte Sitzmöglichkeit gefunden hatte, hatten die Dorfbewohner schon längst andere Pläne mit mir... Der Präsident des Exekutivkommittees eröffnete die Sitzung und stellte die einzelnen "Gremien" vor. Da war eben das Exekutivkommittee, zu dessen Rechten HRH Fon von Tiben und zu dessen Linken die vier Quaterheads. Am Ende der Vorstellungsrunde wurde mit Bedauern festgestellt, dass das Exekutivkommittee nicht vollständig war und ich hörte schon zu meinem Entsetzen die Rufe "Mr. Markus, where are you?". Naja und als einziger Weißer in so einem Dorf, versteckt es sich nicht so einfach. Als ein natürlich sehr wichtiges Mitglied des Exekutivkommittees, durfte ich im Rahmen der mehrstündigen Sitzung Stehgreifvorträge zu den Themen Schulbildung, Elektrizität und Tourismus halten. Ich hatte doch das Gefühl, dass diese Sitzung aufgrund meiner Anwesenheit ein wenig anders verlief als frühere Sitzungen. Das Ende der Sitzung war aber nicht abweichend und so verlies keiner nüchtern die Sitzung - oder anders formuliert: unsere Arbeit in den Morgenstunden auf der Palmweinplantage war nicht vergebens. Der Abend gestaltete sich als sehr ruhig. Der Fon lud mich zum Geschichtenerzählen in sein Haus ein. Und so saßen wir beide beim schwachen Schein einer Petroleumlampe und diskutierten bis spät in die Nacht über Mungo Park, den Sultan von Foumban und seine 125 Frauen, Kannibalismus in Calabar oder die Rolle der Fons im Sklavenhandel mit den Europäern im 17. und 18. Jahrhundert. Dieser Tag meiner Reise war schon Grund genug eben diese zu tun. Schweren Herzens informierte ich den Fon am Ende des Abends, dass ich doch keine 10 Jahre bleiben werde, aber stattdessen am nächsten Tag abfahren werde. Am nächsten Morgen habe ich dann noch eine kleine Exkursion zu den Wasserfällen von Tiben unternommen, um dann am späteren Nachmittag mit zwei Tagen Verspätung über Batibo und Bali nach Bamenda zu fahren.

Beim traditionellen Heiler in Tiben

Wasserfall von Tiben

HRH Fon Benard Mondi II von Tiben

Gleich nach meiner Ankunft in Bamenda wurde ich bei meinem Freund Papa Teh Muh, mit dem ich auch in Lambaréné zusammengearbeitet habe, vorstellig. Nach einem gemütlichen Mittagsbier (ich habe nur eine Limo getrunken, weil ich mich nicht so gut fühlte), checkte ich dann im Resort '84 ein, dass ich gestern früh nach 5 Tagen zum ersten Mal wieder verlassen konnte. Grund dafür war meine erste Malaria auf dieser Reise. Zu meinem Glück hatte ich auch gleich eine "mixed infection", sprich zumindest 2 verschiedene Parasitenspezien: Plasmodium falciparum und zumindest eine der anderen drei: P. ovale, P. vivax und/oder P. malariae. Obwohl ich wieder regelmäßig die 41 °C Körpertemperatur überschritten habe, habe ich mich im Vergleich zu meiner ersten Malariainfektion 2006 bedeutend schneller erholt. Grund dafür ist aber sicher, dass ich 2006 keine Gewichtsreserven hatte und ich dieses Mal einfach nur meinen kleinen Bierbauch opfern musste - auch nicht schlecht!

Da ich aufgrund der Malaria eine Woche verloren habe und die Einwanderungsbehörde in Bamenda mein Visum nicht verlängern will/darf, geht es nun vorerst anstatt in den Norden (Waza) zurück in den Süden, nämlich nach Yaoundé, um eben mein Visum für Kamerun noch vor den Weihnachtsfeiertagen zu verlängern und gleichzeitig auch schon mein Visum für Nigeria zu organisieren. Weitere Neuigkeiten gibt es wieder, sobald eine ansprechende Internetverbindung zur Verfügung steht.

Donnerstag, 1. Dezember 2011

... und die Heimfahrt beginnt


Mein ursprünglicher Plan war Anfang Mai 2011 von Lambaréné, Gabun nach Bersbuch, Österreich - also nach Hause zu meinen Eltern - aufzubrechen. Der Plan war, dies mit meinem Auto zu tun. Leider war mein Plan mit jenem der Gabuner Behörden (in diesem Fall das Transportministerium) nicht kompatibel. Anstelle der offiziellen 2 Monate waren mehr als 10 Monate notwendig, um die Zulassung (carte grise) für mein Auto auszustellen. Natürlich habe ich diese Wartezeit bis November 2011 genutzt – und zwar zum Faulenzen; und auch ein wenig für kleinere Ausflüge in und um Lambaréné:

La Plaine à Mvamzaman (mit Thierry und Biso) (Juli 2011)
Zwillingsinsel in der Ogooué-Seenregion westlich von Lambaréné (September 2011)
Fischfang in Mvamzaman (Oktober 2011)

Stromschnellen in Sindara (November 2011)


Carte grise
Obwohl ich das Faulenzen sehr genoss, wollte ich nach wie vor auf dem Landweg zurück nach Europa reisen. Und wie immer in Afrika, gibt es am Schluss eine Lösung für jedes Problem. Und deshalb konnte ich am 28. November, also 3 Tage vor Ablauf meiner Aufenthaltsgenehmigung für Gabun die Heimreise antreten – mit mehr oder weniger allen notwendigen Dokumenten inklusive „carte grise“:



Sich nach 2,5 Jahren von Lambaréné, meinen FreundInnen am Albert Schweitzer Spital und meinen Nachbarsfamilien aus Adouma zu verabschieden war doch sehr emotional. Dennoch war meine Stimmung sehr positiv, weil die langersehnte Reise endlich begann. Mein erster Reisetag führte von Lambaréné nach Bifoun, weiter über die Bergstraße nach Ndjolé, von dort nach Oyem und schlussendlich nach Bitam. Tags darauf organisierte ich in Bitam mein Ausreisevisum und einen Passagierschein für mein Auto, der mir erlaubt eben jenes wieder zurück nach Gabun zu verschiffen, ohne das Auto ein zweites Mal zu verzollen. In Eboro setzte ich dann nach Kamerun über und begann mit der Odyssee einen Passagierschein für mein Auto für Kamerun zu lösen. Ich war nicht verblüfft zu erfahren, dass ich dieses Dokument an der Gabun-Kamerun Grenze nicht lösen kann, sondern nur an der Äquatorialguinea-Kamerun Grenze. Also, fuhr ich über Ambam nach Kye-Ossi, um dort die erwartet schwierigen Verhandlungen mit dem Kameruner Zoll aufzunehmen. Nachdem ich die Zöllner überzeugen konnte, dass ich kein „businessman“, sondern nur Tourist bin, wurde mir anstelle der 15 Tage (maximale Dauer laut Kameruner Zoll) ein Passagierschein für 50 Tage ausgestellt. Ich war sogar so gut, dass ich einen Teil meiner "Gebühren" zurückbekam, weil ich den Zöllner nach Ausstellung des Passagierscheins davon überzeugen konnte, dass ich nicht mehr genug Benzingeld habe, um nach Kribi zu kommen. Die 50 Tage und der eher geringe Preis für den Passagierschein (15.000 CFA) verursachten aber an fast jeder Polizeisperre (der Weg führte zurück nach Ambam und dann nach Ebolowa) längere Diskussionen: erstens deshalb, weil bisher noch keiner der "Diskussionsteilnehmer" einen 50 Tage Passagierschein gesehen hat (und das auch noch zusätzlich bei einem 30 Tage Aufenthaltsvisum) und zweitens, weil sie die bezahlte Summe von 15.000 CFA als zu gering empfunden haben. Bis jetzt habe ich mich aber noch gut gehalten und kein weiteres Schmiergeld bezahlt, da alle Diskussionen mit der Polizei, Gendarmerie, Zoll oder Militär mehr oder weniger mit folgendem Fazit endeten: „Ah, je comprends maintenant, vous êtes Africain!“ Mein persönliches Fazit ist, dass es – ich schreibe mal BISHER – mit den Kameruner Behörden mehr Spaß macht zu diskutieren und zu verhandeln als mit den Gabuner Behörden. Die letzte dieser Polizeidiskussionen endete bei einem gemütlichen Mützig im Zentrum in Ebolowa. Trotzdem, um weitere Diskussionen sowie die offizielle Straßenmaut zu vermeiden, habe ich mich entschieden, nach der Übernachtung in Ebolowa ,meine Weiterfahrt auf kleineren Straßen zu unternehmen. Und diese Weiterfahrt führte mich eben von Ebolowa über Akom II nach Kribi, von wo aus ich diesen ersten Blogeintrag schreibe. Und nach nur einem Tag in Kribi, bin ich mir am überlegen, länger hier zu bleiben. Aber davon mehr im nächsten Eintrag…

Kye-Ossi
Straße von Ebolowa nach Kribi
Meine Unterkunft in Kribi